New Israel Fund Schweiz
הקרן החדשה לישראל שוויץ

Wir verteidigen die liberale Demokratie in Israel und unterstützen die Ukraine!

Daniel Sokatch, 31. März 2022

Diese Woche, angesichts des Krieges in der Ukraine, hat der NIF einen Grant zur Unterstützung eines Krisenzentrums an der ukrainisch-polnischen Grenze und eines Netzwerks von sicheren Plätzen (safe houses) der progressiven israelischen Jugendbewegung Hashomer Hatzair gesprochen. Obwohl der NIF in der Regel keine Aktivitäten ausserhalb von Israel finanziert, waren wir bewegt von der Dringlichkeit der Situation. Als Organisation mit hilfreichen Ressourcen fühlten wir, dass wir etwas tun müssen.

Der Grant des NIF wurde gesprochen, nachdem der Hashomer Hatzair in Israel ein erfolgreiches Fundraising betrieben und die Oranisation eine Anzahl von privaten Spenden durch den vom NIF beratenen Progressive Jewish Fund erhalten hatte. Wir sind sehr stolz, diese Art eines finanziellen Rückgrats für die Werte, an die der NIF immer geglaubt hat, geben zu können.

Obwohl dieser Grant für uns ungewöhnlich ist, sind es eben keine gewöhnlichen Zeiten – und man sich kaum eine Initiative vorstellen, die unseren zentralen Werten der Menschenrechte und Demokratie, aber auch des menschlichen Anstands und des Mitgefühls mehr entsprechen würde. Hashomer Hatzair bekommt vom INF bereits einen Grant für seine Arbeit im Zentrum für soziale Gerechtigkeit in Ramla. Ausserdem haben sie Erfahrung mit humanitärer Arbeit im Ausland. Sie arbeiten seit Jahren mit Flüchtlingen auf der Insel Lesbos, wo sie eine internationale Schule führen. Der Hashomer Hatzair ist eine Organisation, die sich der Hilfeleistung, progressiven Werten und Humanität widmet und wir sind stolz ihren Einsatz an der ukrainischen Grenze zu unterstützen.

Vor 22 Tagen ist Russland in die Ukraine eingefallen (der Artikel ist vom 17.3.2022) und die Geschichten und Bilder sind erschütternd. Trotzdem hat in Israel eine politische Debatte über ukrainische Flüchtlinge, die in Israel Schutz suchen, gewütet: Wie viele? Für wie lange? Was, wenn sie nicht jüdisch sind? Der NIF hat in der Zeitung Haaretz eine Anzeige geschaltet, in der die Regierung aufgefordert wird, die Tore zu öffnen und die Ukraine humnitär zu unterstützen.

Die aktuelle Flüchtlingspolitik der Regierung erlaubt die Einreise von ukrainischen Flüchtlingen, die Verwandte in Israel haben. Man erwartet etwa 20'000 Menschen. Zuvor hatte die Regierung unter der Federführung der Innenministerin Ayelet Shaked ein viel strengeres Programm vorgelegt, (Einreise für 5000 Personen, die ein Visum beantragen müssen, bevor sie das Flugzeug besteigen und ausserdem ein Depot von 3000 USD leisten müssen), um sicher zu stellen, dass die Flüchtlinge Israel wieder verlassen. Widerstand gegen diese drakonischen Massnahmen kam aber von vielen Seiten.

Zuvorderst im Kampf gegen diese herzlosen Pläne waren selbstverständlich verschiedene, vom NIF unterstützte Organisationen.

Als die Regierung den ukrainischen Flüchtlingen Zugang zum israelischen Gesundheitssystem verweigern wollte, äusserten die Physicians for Human Rights Israel öffentlich, dass sie jede staatenlose Person, die nach Israel kommt, medizinisch betreuen würden und verbreiteten Adresse und Telephonnummer dieses Angebots über die sozialen Medien. Zazim-Community Action entwickelte eine Kampagne unter dem Namen «Wir sind alle Flüchtlinge». Sie lancierten eine von 12'000 Menschen unterzeichnete Petition, mit der die Ministerin gedrängt wurde, Flüchtlinge ohne Einschränkungen zu akzeptieren. Viele andere NIF-Stimmen meldeten sich zu Wort: ACRI (The Association for Civil Rights Israel, Kav LaOved-Workers Hotline und ASSAF, die Hilfsorganisation für Flüchtlinge und Asylsucher in Israel. Die Liste ist lang.

Widerstand kam aber auch von einer breiteren Öffentlichkeit. Die beliebte TV-Show Eretz Nehederet zeigte einen Zollbeamten (der Shaked ähnelte) und den Refrain wiederholte: «Unser Herz ist offen, unsere Grenzen sind geschlossen». Daneben wurde sie, in Schwarz-Weiss, als Grenzbeamtin porträtiert, die zur Zeit des britischen Mandates Juden zurückwies. Auch verschiedene Politiker*innen forderten sie dazu auf, keine zusätzlichen Kriterien für Flüchtlinge zu verlangen. Die Zeitung Haaretz berichtete, dass Yair Lapid ihr mehrmals Botschaften von der ukrainischen Grenze getextet habe. Diaspora Minister Nachman Shai nannte ihre Rhetorik «grundlos» und sagte, dass es ein «jüdischer Grundsatz» sei, diese Flüchtlinge zu akzeptieren. Nach diesen Kritiken passte Shaked ihre Vorschläge an und erklärte sich einverstanden, Flüchtlinge mit Verwandten in Israel ohne Einschränkung einreisen zu lassen. 

Shakeds fremdenfeindliche und ultra-nationalistische Empfindlichkeiten waren für die meisten Israelis unakzeptabel – weil die Ukraine aktuell im Scheinwerferlicht ist. Die meisten Israelis sehen aber nicht, was an Orten geschieht, die direkt nebenan liegen, z.B. Masafer Yatta.

Das Oberste Gericht führte zum Schicksal von Masafer Yatta, einer Gruppe von palästinensischen Dörfern in den südlichen Hebron Hügeln der West Bank mit etwa 1300 Bewohner*innen, eine Anhörung durch. In den frühen 80er Jahren hatte die israelische Armee das Gebiet zur Feuerzone (Firing zone 918), also zu einem militärischen Übungsgebiet, deklariert. Jahrzehnte von Hauszerstörungen und Siedlergewalt waren dieser Entscheidung gefolgt.

1991 versuchte die Armee, die Bewohner*innen des Gebietes zu vertreiben, was nach internationalem Recht illegal ist. ACRI, die Flaggschiff Organisation des NIF, reichte in ihrem Namen eine Petition ein und konnte so ein vorläufiges Gerichtsurteil erwirken, das den Menschen die Rückkehr in ihre Häuser erlaubte. Diese Massnahme blieb für mehr als zwanzig Jahre gültig.

Vor kurzem gab es wieder eine gerichtliche Anhörung, bei der die Armee ein Vorgehen forderte, dass es den 1300 Bewohner*innen von Masafer Yatta, quasi verunmöglicht hätte, weiter dort zu leben.

Anwälte von ACRI vertreten die Bewohner*innen. Verschiedene Organisationen und Bewegungen, u.a. die NIF Grantees Zazim, Omdim Bejachad (Standing together), Breaking the Silence oder unsere Freunde bei Peace Now organisierten während der Anhörung eine Demonstration vor dem Gerichtsgebäude.

Wie immer geben mir NIF Grantees Hoffnung in dunklen Zeiten. Ob ACRI Anwälte für die Bewohner*innen von Masafer Yatta kämpfen, Aktivist*innen gegen die Besetzung protestieren oder Hashomer Hatzair in der Ukraine ein Netz von «safe houses» für Flüchtlinge unterstützt; jede Aktion bildet einen Baustein für eine bessere Zukunft für alle. 

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